Auftrittsvorbereitung leicht gemacht – 10 wichtige Schritte für Musiker:innen

Der Veranstaltungstag fühlt sich für viele Musiker:innen an wie ein Marathon mit Sprintpassagen: früh anreisen, aufbauen, soundchecken, warmspielen, performen – und zwischendurch freundlich bleiben, flexibel reagieren, Dinge klären, die man gar nicht auf dem Zettel hatte. Gute Auftrittsvorbereitung heißt deshalb, den Tag so zu strukturieren, dass möglichst wenig dem Zufall überlassen bleibt: mit klaren Zeitfenstern, einem einfachen Technik-Plan, realistischen Warm-up-Routinen und einer Kommunikation, die Missverständnisse schon im Vorfeld entschärft. In diesem Leitfaden bekommst du einen praxisnahen, stressarmen Ablauf – vom ersten Kaffee bis zum letzten Akkord.

Der Tag beginnt vor dem Tag: Planung mit Puffer

Eine entspannter Gig ist selten Zufall, sondern das Ergebnis von Vorsprung. Wer Anfahrt, Laden, Aufbau und Soundcheck mit Puffern plant, gewinnt Gelassenheit für Unvorhergesehenes. Plane rückwärts von der Auftrittszeit: Wann darf aufgebaut werden? Gibt es Sperrzeiten (z. B. Trauung in der Nachbarhalle, Ruhezeiten der Location)? Lege für das Einladen einen großzügigen Slot fest, berücksichtige Wege (Treppen, lange Flure, Parken) und stimme dich mit der Ansprechperson vor Ort ab. Je klarer die Zeitfenster, desto weniger musst du später improvisieren – und genau das reduziert Lampenfieber und erhöht die Qualität auf der Bühne.

Warm-up: Körper, Atmung, Instrument – kurz, gezielt, realistisch

„Warmspielen“ ist mehr als Fingerübungen. Wer den ganzen Körper auf Betriebstemperatur bringt, fördert Durchblutung, Koordination und Tonkontrolle – egal ob du singst, streichst, bläst oder am Drumset sitzt. Musikphysiologie und Musikermedizin empfehlen, Warm-up als präventiven Baustein ernst zu nehmen: kurze Mobilisation (Schultern, Nacken, Wirbelsäule), Atemfokus, dann instrumentenspezifische Patterns mit niedriger Intensität, bevor du in Performance-Lautstärken oder hohe Lagen gehst. Eine kompakte, sportähnliche Logik („erst Kreislauf, dann Feinmotorik“) ist effizienter und gesünder als 20 Minuten isolierte Fingerübungen.

Die Deutsche Gesellschaft für Musikphysiologie und Musikermedizin (DGfMM) verweist in ihren Materialien und Tagungsbeiträgen immer wieder auf Prävention, ökonomische Bewegungsmuster und die Übertragbarkeit sportmedizinischer Prinzipien auf die Bühne – ein guter inhaltlicher Rahmen, wenn du deine Routine fundiert aufsetzen willst.

Für Stimmen gilt: sanftes Einsummen statt Kraftakte; Konsonanten- und Vokal-Patterns mit weichem Anfahren; allmählicher Registeraufbau. Bei Bläser:innen helfen Atemwippe, Zischlaute und lange Töne in moderater Lautstärke. Streicher:innen profitieren von weiten Bogenbewegungen bei wenig Druck, Pianist:innen von losgelöster Armführung und einem Fokus auf Gewicht statt Kraft. Warm-up ist kein Zweitkonzert – es bereitet dich vor, statt dich zu ermüden

 

Musiker:innen bei der Auftrittsvorbereitung: Technikaufbau auf der Bühne, Sängerin beim Atem-Warm-up und Gitarrist beim Stimmen des Instruments. Drei Bilder in einer Collage: oben links ein Mann in weißer Hose und Hut, der auf einer Bühnenaufbau-Allzweckfläche steht, oben rechts eine Frau in einem ärmellosen, braunen Kleid, die mit geschlossenen Augen die Sonne genießt, unten ein Musiker in kariertem Hemd und Jeansweste, der eine Gitarre spielt, fokussiert auf die Gitarrensaiten und den Hals des Instruments.

Technik-Check und Soundcheck: wenige Prinzipien, große Wirkung

Guter Sound beginnt vor dem ersten Ton bei Strom, Verkabelung und Signalfluss. Prüfe vor Ort: abgesicherte Stromkreise, Kabellängen, saubere Wege (keine Stolperfallen), stabile Stative, definierte Plätze für Topteile und Subwoofer. Für den eigentlichen Soundcheck gilt die einfache Reihenfolge „von unten nach oben“ (Drums/Bass → Harmonieinstrumente → Vocals) oder „von Mono nach Stereo“ (Einzelsignale → Summe). Nutze einen Referenz-Track, den du in- und auswendig kennst, um Raum und PA einzuschätzen; justiere nur so viel EQ wie nötig, der Raum macht den Rest. Shure fasst diese Grundsätze in einer gut verständlichen Soundcheck-Checkliste zusammen – inklusive Tipp, vertrautes Material zum Einschätzen des Gesamtsounds zu nutzen. 

Wer mit Funkstrecken arbeitet, macht vor Publikum einen eigenen Funk-Check: Frequenzen, Antennenposition, Reichweite testen – einmal durch den Raum gehen, kritische Stellen identifizieren. Sennheiser erklärt in seinen deutschsprachigen Handbüchern sogar eine eigene „Soundcheck“-Anzeige-Funktion bei Empfängern, mit der man die Übertragungsqualität systematisch prüft. Das ist praktisch, wenn du ohne zusätzliche Person die Strecke checken willst. 

Akustisch lohnt die einfache Physik: Lautsprecher gehören vor die Mikrofone, nicht gegenüber (Rückkopplungen), und nicht in Raumecken, wo sich Bass aufstaut. Topteile leicht erhöht, damit Sprache bis hinten verständlich bleibt; Sub(s) so positionieren, dass sie die Tanzfläche tragen, nicht die Nachbarschaft. Wenn dein Saal eine Bühne hat, ist „Bühne vorn, Publikum dahinter“ meist die sicherste Geometrie: klare Kabelwege, kein Publikumsverkehr durch Stative – und ein Sound, den du kontrollieren kannst.

Kleidung, Set & Backups: komfortabel, bühnentauglich, redundant

Kleidung ist Bühnentechnik: Schuhe, in denen du sicher stehst; Stoffe, die atmen; Schnitte, die Bewegungen zulassen. Für Spiel- und Singkomfort sind wenig reflektierende, nicht scheuernde Materialien Gold wert. Packe Backups mit ein: Saiten, Blätter, Sticks, Batterien/Akkus, Kabel, Plektren, In-Ear-Tips, Gaffertape, ein schlichtes Notfall-Tool (Zange/Multitool) und ein separates Mikro für Moderation/Reden. Ein kleines Hygiene-Set (Handtuch, Wasser, Tempos) rettet Momente, die sonst ablenken. Je weniger dich Off-Stage-Kleinkram beschäftigt, desto mehr Präsenz hast du On-Stage.

Lautstärke, Nachbarschaft, Sicherheit: leise Konflikte vermeiden

Ein Event ist kein Studio, und Freizeitlärm trifft in Städten auf sensible Umfelder. Das Umweltbundesamt hat 2024 dafür einen kompakten Handlungsleitfaden veröffentlicht, der erklärt, wie man Veranstaltungen so plant, dass das Ruhebedürfnis der Anwohnenden respektiert wird: räumliche Anordnung, Zeitfenster, Pegelmanagement, Kommunikation. Das lohnt sich selbst für kleinere Feiern im Innenhof – kurze Absprachen sparen lange Diskussionen. 

Für die Sicherheitsorganisation liefert die DGUV Information 215-310 praxisnahe Orientierung: Wer ist wofür verantwortlich, wie bleiben Wege frei, was ist beim Umgang mit Nebel/Licht zu beachten, wie organisiert man sichere Auf- und Abbauten? Der Leitfaden ist branchenweit Standard und wurde 2025 aktualisiert – eine verlässliche Referenz auch für freie Produktionen und kleine Bühnen. 

Mentale Vorbereitung & Lampenfieber: Routine schafft Ruhe

Ein ruhiger Kopf ist halber Bühnensound. Neben Atmung, Mini-Pausen und realistischen Erwartungen hilft vor allem eins: Routine durch gute Vorbereitung. Gegen Lampenfieber wirken kurze, wiederholbare Rituale vor dem Auftritt (Atemcount, Body-Scan, zwei Lieblings-Bars im Kopf „trocken“ spielen), realistische Generalproben und der bewusste Fokus auf Aufgaben („jetzt Stimmen“, „jetzt erster Gruß“, „jetzt erster Einsatz“), statt auf Bewertungen („klinge ich gut?“).

Wenn du tiefer einsteigen willst oder anhaltende Auftrittsangst erlebst, sind spezialisierte Beratungsstellen wertvoll – etwa das Berliner Centrum für Musikermedizin an der Charité mit Angeboten rund um Musikergesundheit und Auftrittsfragen. 

Kommunikation & Advance: Klartext verhindert Chaos

Vorbereitung ist Kommunikation. Kläre spätestens eine Woche vor dem Termin alle Details mit deiner Ansprechperson. Dazu gehören Ankunftszeit, Ladepunkt, Aufbaufenster, Soundcheck-Slot, Spielzeiten, Pausen sowie eine Telefonnummer für kurzfristige Rückfragen. Schicke nach Möglichkeit einen einfachen Stage Plot (wer steht wo) und eine Input-Liste (welche Signale und wie viele Kanäle du brauchst).

Nenne außerdem besondere Anforderungen wie einen Tisch fürs DJ-Pult oder zusätzliche Stromkreise. Wenn Band und DJ gemeinsam gebucht sind, stimmt im Vorfeld ab, wer den Eröffnungstanz spielt, wer Pausenmusik übernimmt und ob ihr über eine gemeinsame PA lauft. Mit klaren Absprachen verhinderst du doppelte Technik und unangenehme Lücken im Ablauf.

Klein, aber mächtig: dein Notfall-Koffer

Ein handliches Case mit Ersatzkabel, Adaptern (3,5 mm Klinke → Cinch/XLR), Mehrfachsteckdose, Gaffer-Tape/Kabelbrücken, Batterien/Akkus, In-Ear-Tips, Saiten/Blättern/Sticks, Mikro für Moderation und Tuner(falls relevant) ist unspektakulär – bis es dich rettet. Dasselbe gilt für eine Offline-Playlist mit Referenztrack und Pausenmusik auf dem Handy/Laptop.

Wenn du Streaming nutzt, kenn die Nutzungsbedingungen: Plattformen wie Spotify sind laut Support/AGB nicht für öffentliche/gewerbliche Nutzung gedacht – Profis arbeiten deshalb mit lizenzkonformen Quellen oder eigenem Repertoire. 

Offener alter brauner Lederkoffer mit beigem Innenfutter und sichtbaren Gebrauchsspuren. Zur perfekten Auftrittsvorbereitung gehört ein Notfall-Koffer.

Checkliste: Auftrittsvorbereitung in 10 Schritten

  1. 1. Musikwünsche & Briefing

Sind alle Wünsche der Auftraggeber:innen vorbereitet (Eröffnungstanz, Do/Don’ts, Special Songs)? Stage Plot und Input-Liste verschickt, Übergaben (Band↔DJ, Pausenmusik, Moderation) geklärt?

  1. 2. Zeitplan & Kontakte

Ansprechperson, Telefonnummer, Einlass/Ladepunkt, Parkplatz, Aufbaufenster, Soundcheck-Slot, Spielzeiten, Pausen, Curfew – alles fix?

  1. 3. Equipment & Einladen

Komplettcheck vor Abfahrt: Instrumente, PA/Zuspieler, Stative, Kabel/Adapter, Saiten/Blätter/Sticks, In-Ear/Monitor, Netzteile, Akkus/Batterien, iPad/Noten, Tools, Gaffer/Kabelbrücken.

  1. 4. Kleidung & Backups

Bühnentaugliche Schuhe/Kleidung, Ersatzteile (Saiten etc.), Reserve-Mikro fürs Sprechen, Wasser/Handtuch – liegt alles griffbereit?

  1. 5. Strom & Wege (vor Ort)

Abgesicherte Stromkreise, Verlängerungen und Verteilung, sichere Kabelwege (keine Stolperfallen/Fluchtwege), klarer Aufbauort für Band/DJ.

  1. 6. PA & Monitore (Aufstellung)

Topteile leicht erhöht für Sprachverständlichkeit, Sub(s) so, dass die Tanzfläche trägt (nicht die Nachbarschaft), Mikrofone nie vor Lautsprechern.

  1. 7. Funk & Mikrofone (Funktionstest)

Frequenzen scannen, Reichweite in der Location testen, Antennenposition prüfen, Ersatzbatterien bereit, separates Moderationsmikro checken.

  1. 8. Referenz-Track & Soundcheck (Ablauf)

Erst Einzelsignale, dann Summe; mit vertrautem Referenz-Track Raum/PA einschätzen und nur so viel EQ wie nötig setzen.

  1. 9. Nachbarschaft & Pegel (Rahmen)

Ruhezeiten/Offene-Fenster-Politik der Location im Blick; bei Outdoor-Gigs Beschallung so ausrichten, dass sensible Bereiche geschont werden.

  1. 10. Warm-up & Atem (unmittelbar vor dem Start)

5–10 Minuten Mobilisation, dann instrumentenspezifisch/Stimmschonend einsingen; Fokus auf Lockerheit statt Kraft – bereit für den ersten Song.

Ein Wort zu GEMA, kurz & klar

Falls du dich fragst: Private Feiern im geschlossenen Kreis sind in der Regel nicht GEMA-pflichtig; öffentliche Events müssen angemeldet werden. Mehr zu „privat vs. öffentlich“ findest du in unserem Artikel was Musiker über GEMA wissen sollten – dort verlinken wir auch auf die offiziellen Seiten. (Rechtsberatung leisten wir nicht; im Zweifel immer direkt mit der GEMA oder Location klären.)

Warum diese Basics dich wirklich entspannen

Je präziser du den Rahmen definierst – Zeit, Wege, Strom, Aufbau, Übergaben –, desto weniger Energie verschwendest du auf Nebengeräusche. Gute Warm-ups halten dich körperlich belastbar und machen Klangkontrolle leichter. Ein schlauer Soundcheck spart Nerven, ein ehrlicher Advance erspart Überraschungen. Und falls doch etwas Unvorhergesehenes passiert, hast du mit Backups und Notfall-Kit Reserve. Das Ergebnis zeigt sich ab dem ersten Ton: ein ruhiger Puls, ein verlässlicher Start – und die Freiheit, musikalisch zu erzählen.

Wenn du Musiker:in bist und noch nicht Teil von Klanggeber, kannst du dich hier direkt anmelden. Und falls du vorher noch mehr über uns erfahren möchtest, findest du hier weitere Informationen für Musiker:innen.